Trauer begleitet unser ganzes Leben

Wenn wir an Trauer denken, so denken wir an den Tod eines geliebten Menschen und den damit verbundenen Schmerz. Dies ist die radikalste Form der Trennung, die wir erleiden. Immer wenn wir uns von etwas oder jemandem trennen oder Abschied nehmen müssen, wenn wir also einen Verlust erleiden, erleben wir ein Sterben in anderer Form.
Das Ende einer Beziehung oder Enttäuschungen in einer Freundschaft werden genauso betrauert, wie der Verlust des Arbeitsplatzes; Kranke trauern um den Verlust der Gesundheit und Vitalität, vielleicht trauert der alternde Mensch um den Verlust von Zukunft und Jugend. Ideale aufzugeben oder Abschied von unerfüllten Hoffnungen und ungelebtem Leben zu nehmen, das fällt uns besonders schwer.

Trauern funktioniert nicht nach einem Schema – jeder Mensch trauert anders

Es gibt Menschen, die gehen offen mit ihrem Kummer um, andere hingegen machen es mit sich alleine aus. Vielleicht möchte der oder die Betroffene darüber reden, gemeinsam schweigen, oder aber sie oder er braucht Zeit für sich allein. Vielleicht ist jemand auch gar nicht so traurig, wie es erwartet wird; all das sollte akzeptiert werden, denn jeder Mensch trauert anders.

Tatsächlich geht es bei der Trauer nicht darum, etwas hinter sich zu lassen oder abzulegen wie früher die schwarze Kleidung nach dem Trauerjahr. Den Schmerz zu verarbeiten, dies soll der Prozess der Trauer sein. Wie dieser Prozess abläuft, ob schneller oder langsamer, ist bei jeder Person anders. Da jede und jeder anders trauert ist auch die Zeit kein Kriterium.

Trauer ist keine Krankheit

Um einschneidende Veränderungen und Verluste zu verarbeiten, ist die Trauer ein gesunder und normaler, gar notwendiger Prozess. Sie ist weder ein Zeichen von psychischer Schwäche, noch eine Krankheit.
Resilienten Menschen gelingt es besonders gut sich neuen Umständen anzupassen. Sie finden ihre emotionale Balance schneller wieder und erstarren nicht dauerhaft in ihrer Trauer. Dass es viel seelische Stärke braucht, um akzeptieren zu können, was sich nicht ändern lässt und eigene Kräfte nicht mit Hadern zu vergeuden, ist unbestritten.

Trauern im stillen Kämmerlein

Unbemerkt und im stillen Kämmerlein wird, wenn überhaupt, getrauert. Insbesondere die Erwachsenen stehen unter hohem Druck. Von ihnen wird erwartet, schnell wieder zu funktionieren. Dies hat für Kinder die Folge, dass sie keine Modelle eines heilsamen Trauerns lernen können. Dies sind die Folgen unserer trauerarmen Kultur.

«Trauer ist eine anspruchsvolle Dame: sie möchte gehört, ernst genommen und verstanden werden», sagt der Trauerforscher Jorgos Canacakis. Akzeptieren wir die Trauer der andern, urteilen wir nicht über sie und trösten uns mit der guten Nachricht, dass es eine Zeit danach gibt.